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sn.at – Warum geben uns die Banken so gern Kredit?

Verfasst am 13.07.2018




Niedrigzinsen machen das Ausborgen von Geld billig wie noch nie. Aus diesem Grund boomt das Geschäft mit Konsumkrediten. Aber auch Banken wecken Bedürfnisse und Wünsche der Kunden.

Leser Alfred F. (der Redaktion bekannt) staunte nicht schlecht, als er sich kürzlich am Computer auf der Website seiner Bank einloggte, um dort eine Onlineüberweisung vorzunehmen. Da poppte nämlich eine Nachricht auf, die er zunächst als Warnhinweis vor Spam-Mails oder als Information über neue Geschäftsbedingungen auffasste. Aber der vermeintlich wichtige Hinweis entpuppte sich als Werbung für einen Konsumkredit.

"Im Leben bleiben zwar viele Wünsche offen, der eine oder andere aktuelle Herzenswunsch lässt sich jetzt aber ganz einfach erfüllen - unsere exklusiven Kreditangebote machen's möglich", hieß es da.

Als besonders "dreist" empfand der Leser, dass man ihm gleich konkrete Objekte der Begierde nahelegte. "Ob Flatscreen-TV-Gerät, Profi-Kamera, Designermöbel oder Motorroller", hieß es da, "Ihr Herzenswunsch ist nur einen Mausklick entfernt".

Dieses Mail - konkret von der Bank Austria - ist kein Einzelfall. Auch andere Banken werben aktuell mit blumigen Worten darum, Kunden ihr Geld zu günstigen Konditionen anbieten zu können. Bei der Benennung der Kreditprodukte sind die Banken kreativ, da ist die Rede von "Einfach-Online-Kredit" (Bawag-PSK) oder "Komfort Kredit" (Erste Bank). Manche werben bereits offen mit einem "Sommerkredit", um sich einen "Traumurlaub" leisten zu können.

Ganz neu ist eine solcherart schmackhaft gemachte Geldaufnahme zwar nicht - aber auffällig ist die Häufung solcher Angebote dann doch. Inge Honisch von der Schuldnerberatung Salzburg betont, Werbung an sich sei legitim. Ihr fällt aber auf, dass die Vergabe solcher Kredite derzeit "noch leichter gemacht" werde. Und anders als früher, als Kredite vor allem für Wohnraum oder die Anschaffung eines Autos aufgenommen wurden, werde jetzt aktiver für Urlaube und Ähnliches geworben, "Dinge, auf die man früher gespart hat". Das führt sie auf einen schärferen Wettbewerb der Banken untereinander zurück.

Prinzipiell rät die Beraterin zur Vorsicht. "Viele Leute glauben, dass sie mit einem Kredit ihre Schulden regeln können." Manche tappen dabei in die Falle, auch "weil die Werbung suggeriert, es geht schneller und einfacher". Aber die Banken prüfen im Hintergrund die Bonität der Kreditwerber ganz genau. Zudem würden aggressiv auftretende Internetanbieter bereits für Kreditanfragen Kosten verrechnen, auch wenn es dann zu keinem Abschluss kommt. Erst kürzlich hat die österreichische Finanzmarktaufsicht FMA vor der leichtfertigen Aufnahme vermeintlich kostenloser Sofort- und Konsumkredite gewarnt. Treiber des Wachstums sei einerseits die starke Bewerbung am Verkaufsort - mit Argumenten wie angeblich "zinsfreier Ratenzahlung" oder "Null-Prozent-Finanzierung" - sowie der leichte und schnelle Zugang zu Krediten über Onlineplattformen.

Mit plus 10,7 Prozent wiesen Konsumkredite laut FMA im Vorjahr die stärkste Dynamik unter allen Kreditformen auf, mit 18,7 Mrd. Euro machten sie schon zwölf Prozent aller Ausleihungen an Haushalte aus. FMA-Vorstand Klaus Kumpfmüller warnt davor, solche Angebote allzu optimistisch in Anspruch zu nehmen, es gelte eventuell versteckte Gebühren oder eine verpflichtende Kreditausfallversicherung einzurechnen und auf den Effektivzinssatz zu achten.

Wie lässt sich der Anstieg erklären? Zum einen, weil in der aktuellen Zinslandschaft für Finanzdienstleister generell das Ausleihen von Geld wesentlich interessanter ist als das Einsammeln und Veranlagen von Geld. Damit ist die schnelle Kreditvergabe zur Erfüllung eines Konsumwunschs zum Boom-Geschäft für die ganze Branche geworden. Das Kreditgeschäft sei einer der wenigen Bereiche, in denen Banken jetzt noch Geld verdienen könnten, meint Reinhold Baudisch, Chef der Vergleichsplattform Durchblicker.at. Die Konsequenz: "Waren Konsum- und Sofortkredite früher eher ein Nischenthema für einige Spezialbanken, so balgen sich mittlerweile dort auch die Großbanken und im kleineren Stil auch Start-ups um neue Kunden."

Auf der anderen Seite sind es die Kunden, die aktiver Kredite nachfragen. Der Wirtschaftsaufschwung sei auch bei den Verbrauchern spürbar angekommen, "und so steigt die Bereitschaft für den privaten Konsum", heißt es aus der Bank Austria, die wie andere Banken schon seit Jahren Konsumfinanzierungen anbietet. Verändert habe sich aber das Kundenverhalten. "Ein größerer Teil der Konsumenten will sich heute Konsumwünsche sofort erfüllen und ist bereit, diese durch einen Kredit vorzufinanzieren."

Das erklärt den Markteintritt neuer Spezialanbieter wie der spanischen Bank Santander, die sich auf dieses Segment konzentriert hat. Aber als Anbieter am Verkaufsort (point of sale) kennt sie den Kreditkunden weniger als die Hausbank, daher ist die Kreditvergabe dort riskanter.

In der aktuell guten Konjunktur seien hohe Konsumkredite "noch kein Problem, aber in der nächsten Rezession werden sich manche die Kredite nicht mehr leisten können", warnt die Finanzmarktaufsicht. Aktuell seien sieben Prozent der Konsumfinanzierungen ausfallgefährdet, doppelt so viel wie der Schnitt aller Ausleihungen. Das sei aber keineswegs systembedrohend.

Die Bank Austria weist übrigens darauf hin, dass man die Information von Kunden als Aufgabe verstehe. Auf Wunsch nehme man Kunden aber von der Empfängerliste.

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