EZB-Zinssenkung: Kaum Auswirkungen für Sparen und Kredite
Verfasst am 05.06.2024
- durchblicker-Einschätzung: Banken haben Zinsentscheid vorweggenommen, jetzt marginale Auswirkungen für Sparer:innen und Kreditnehmer:innen
- Interesse an Sparprodukten seit Jahresbeginn gesunken, Immobilien trotz moderater Zinssenkung nach wie vor kaum leistbar
- durchblicker-Empfehlung: Jetzt noch Immo-Fixzinskredite sichern, bei Sparen jetzt noch höhere Zinsen mitnehmen aber zu lange Bindungen vermeiden
Wien, am 5. Juni.2024. Es ist die Trendwende in der Zinswende: Morgen wird die EZB gemäß der allgemeinen Erwartung den ersten von zwei Zinssenkungsschritten heuer einleiten. Die Banken haben diese Maßnahme aber bereits vor Monaten vorweggenommen. Was das für Sparer:innen und Kreditnehmer:innen bedeutet hat durchblicker, Österreichs größtes Tarifvergleichsportal, analysiert – und blickt auf das Nutzerverhalten in den letzten zwei Jahren zurück.
Martin Spona, CEO von durchblicker: „Der Zinsentscheid ist die erste Zinssenkung seit 2016. Dennoch sind die unmittelbaren Auswirkungen der geldpolitischen Wende vernachlässigbar. Schließlich hat sich ihre Wirkung bereits zu Jahresbeginn entfaltet: Seit diesem Zeitpunkt wurden die Marktpreise für Kredit- und Sparprodukte an die zu erwartende Geldpolitik angepasst. Insofern wurde die Trendwende schon früher eingeläutet, was sich beispielsweise am gesunkenen Interesse an Sparprodukten zeigt. Bei der Immobilienfinanzierung haben sich die seit Monaten sinkenden variablen Zinsen kaum ausgewirkt - Immobilien sind nach wie vor kaum leistbar.”
Interesse an Sparprodukten eingebrochen
Viele Österreicherinnen und Österreicher haben die Hochzinsphase bei den Sparzinsen genutzt und die verschiedenen Sparprodukte der Banken verglichen. So hat sich das Interesse an Sparprodukten im letzten Jahr im Vergleich zu 2022 verdreifacht. Nun stagnieren die maximalen Tagesgeldzinsen seit Dezember 2023 bei 3,00 %. Die maximalen Festgeldzinsen sinken bereits seit Februar 2024 und liegen bei einer Bindungsdauer von zwölf Monaten nun bei 3,40 %. „Das haben auch die Österreicherinnen und Österreicher erkannt: Die Tarifvergleiche für Sparprodukte sind im April und Mai um rund die Hälfte im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gesunken“, so Spona. “Der Bedarf geht aber auch deshalb zurück, weil sich informierte Anlegerinnen und Anleger bereits letztes Jahr eingedeckt haben.”Die meisten Banken bieten derzeit für längerfristige Geldanlagen niedrigere Zinsen an als für einjähriges Festgeld. “Wir empfehlen dennoch, zu lange Bindungen zu vermeiden, da die Zinsen nach KESt noch immer unter der Inflationsrate liegen. Optimal sind aktuell zwölf Monate. Danach lohnt es sich, den Markt mittels Tarifvergleich neu zu sondieren.”
Für kurzfristiges Festgeld mit 12 Monate Bindung gibt es aktuell bis zu 3,4 % Zinsen, für sechs Monate gibt es 3,5 %. Für drei Jahre Bindung sind maximal 3,35 % drin. Dazu kommen aktuell Bonuszinsen bei Sparkonten ohne Bindung.
Immo-Leistbarkeit verbessert sich durch Zinsentscheid kaum
Bei Wohnbaukrediten ist die Nachfrage 2023 angesichts steigender Zinsen, strenger Kreditvergaberichtlinien und hoher Immobilienpreise bei durchblicker stark zurückgegangen: um knapp ein Drittel im Vergleich zu 2022. Nun sinkt das variable Zinsniveau bereits seit Jahresbeginn - auch hier sind die Erwartungen an die Währungshüter bereits eingepreist. Auf die Nachfrage nach Immokrediten hat sich das laut durchblicker-Daten nicht ausgewirkt: Das Interesse ist demnach von Jänner bis Mai um 11 % im Vergleich zum Vorjahr gesunken.„Auf die Leistbarkeit von Immo-Krediten wird sich die Zinssenkung von 0,25 Prozentpunkten nur geringfügig auswirken. Unsere Modellrechnungen (1) haben ergeben, dass eine Zinssenkung von rund 3 Prozentpunkten notwendig wäre, um die gewünschte Schuldendienstquote von 40 Prozent zu erreichen - und damit die Leistbarkeit von Immobilien zu erhöhen. Dabei könnte sich die EZB schon im nächsten Jahr wieder für Zinserhöhungen entscheiden“, so Spona.
Seit nunmehr einem Jahr sind Fixzins-Angebote günstiger als variable Kredite. So kostet eine 20-jährige Fixzinsbindung aktuell um bis zu 1,175 Prozentpunkte weniger als die variabel verzinste Kreditalternative. All jenen mit variablen Krediten, die derzeit Schwierigkeiten mit der Kreditrückzahlung haben, empfiehlt durchblicker deshalb nach wie vor eine Umschuldung auf einen Fixzins.
„Insgesamt zeigt sich bei den Österreicherinnen und Österreichern ein leichtes Ungleichgewicht in der Risikoverteilung: Unsere Empfehlung ist, beim Sparen und Anlegen ein höheres Risiko einzugehen - nur dann ist angesichts der Inflation derzeit eine Rendite möglich. Bei Krediten hingegen zahlt sich ein geringeres Risiko durch Fixverzinsung aus - schon geringe Zinsänderungen bei variablen Krediten können existenzbedrohend sein“, so Spona.
[1] durchblicker Immo-Leistbarkeitsindex, Mai 2024 - siehe https://durchblicker.at/artikel/presse/2024/immobilien-immer-noch-schwer-finanzierbar
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