Undurchsichtige Neutarife bei Landesstromversorgern – Alternativanbieter in 8 von 9 Bundesländern günstiger
Verfasst am 28.08.2023
Stark fallende Großhandelspreise bringen Bewegung in heimischen Strommarkt - Wechseltarife der Landesversorger ohne Rabatt aber zum Teil sogar teurer als Alttarife – genau vergleichen bringt Familienhaushalt bis zu 421 Euro Jahresersparnis
Wien, am 28. August 2023 – Hunderttausende Stromkunden in Österreich stehen in den kommenden Wochen vor einer Entscheidung. Alle Landesenergieversorger haben ihren Kundinnen und Kunden den Umstieg in neue Tarife angeboten, teils befristet bis Ende des Sommers. durchblicker, Österreichs größtes unabhängiges Tarifvergleichsportal, hat die Angebote genau unter die Lupe genommen. Fazit: Die neuen Tarife sind oftmals undurchsichtig und, wenn man Gratistage, Wechselbonus oder Treue-Rabatt weglässt, zum Teil sogar teurer als die alten Tarife.
Für einen durchschnittlichen Familienhaushalt mit 4.000 kWh Jahresverbrauch sind Alternativangebote derzeit in acht von neuen Bundesländern günstiger als die angepassten Tarife inklusive Rabatten der Landesenergieversorger – in Wien um rund 50 Euro, in der Steiermark um fast 200 Euro pro Jahr. Einziges Bundesland, in dem der Neutarif des Landesenergieversorgers das günstigste Konkurrenzangebot tatsächlich um rund 15 Euro schlägt, ist Vorarlberg. Gegenüber den Alttarifen der Landesversorger ist das Konkurrenzangebot des aktuell günstigsten Alternativanbieters teilweise deutlich günstiger: Die Spanne für die Jahresersparnis liegt hier je nach Bundesland zwischen 75 Euro und 421 Euro.
Stark sinkende Strompreise an Großmärkten zunächst nur schleppend an Kunden weitergegeben
An der europäischen Energiebörse sind die Strompreise zuletzt stark gefallen. Laut Österreichischem Strompreisindex (ÖSPI) haben die Einkaufspreise der heimischen Energieversorger zuletzt in nur einem Monat um fast 15 Prozent nachgegeben und sind im Halbjahresvergleich mittlerweile um 46 Prozent niedriger. Die Konsumentinnen und Konsumenten haben davon bisher kaum etwas gespürt. „Jetzt kommt aber Bewegung in den Markt“, berichtet Stefan Spiegelhofer, Leiter des Bereichs Energie bei durchblicker.„Die Tarifangebote sind zuletzt attraktiver und günstiger geworden. Die Anbieter bemühen sich wieder um Neukunden und bieten vermehrt einen Wechselbonus an. Es gibt wieder Festpreistarife zu günstigeren Preisen und Floater-Angebote ohne Bindung, bei denen sich der Strompreis für den Kunden mit Börsenpreisen nach unten oder oben bewegt. Für die Haushalte zahlt sich ein genauerer Vergleich der Angebote deshalb wieder aus“, so Spiegelhofer.
Im bisherigen Tarif würde ein durchschnittlicher Familienhaushalt beim Landesenergieversorger heuer je nach Bundesland etwa zwischen 1.100 Euro und 1.350 Euro zahlen. Berücksichtigt man alle Einmalrabatte, führen die Neutarife der Landesversorger für den Familienhaushalt zumindest im ersten Jahr zu einer Preissenkung von ca. 5 bis 20 Prozent oder umgerechnet 52 bis 268 Euro.
Tücke bei Neuangeboten im Detail – Rabatte und Ende der Strompreisbremse mit Juni 2024 einkalkulieren
In die neuen Tarife der Landesversorger müssen die Kunden aus Gründen der Rechtssicherheit aktiv umsteigen. Doch die Tücke bei den Neutarifen steckt im Detail. Beispiel Wien Energie: „Nach 190 Gratistagen erhöht sich der Preis im neuen Tarif der Wien Energie wieder, selbst wenn die internationalen Strompreise weiter sinken. Der Kunde muss sich bewusst sein, dass er dann erst nach 12 Monaten wieder den Tarif oder Anbieter wechseln kann. Das fällt besonders ins Gewicht, weil mit Ende Juni 2024 die Strompreisbremse ausläuft“, betont Spiegelhofer.Durch die Strompreisbremse zahlen Haushalte bis zu einem Grundverbrauch von 2.900 Kilowattstunden (kWh) pro Jahr maximal 10 Cent/kWh (netto), die restlichen Kosten übernimmt zumindest bis zu einem Differenzbetrag von 30 Cent/kWh derzeit der Staat. Ab 1. Juli 2024 fällt diese Förderung weg. „Wenn man jetzt im September einen Neuvertrag mit einjähriger Bindung abschließt, zahlt man dann noch zumindest zwei Monate den vollen Tarif“, warnt Spiegelhofer.
Zumindest vier von fünf Haushalten könnten derzeit Anbieter wechseln – Wechselbereitschaft gestiegen
Aktuell könnten laut durchblicker-Umfrage unter 1.200 österreichischen Haushalten im Mai/Juni dieses Jahres rund vier von fünf Haushalten ihren Stromanbieter wechseln. Das restliche Fünftel befindet sich derzeit noch in einer Vertragsbindung mit seinem Anbieter. Einige Landesversorger bieten den eigenen Kundinnen und Kunden trotzdem einen Wechsel in den neuen Tarif an.Laut durchblicker-Umfrage ist die Bereitschaft der österreichischen Haushalte, den Energieanbieter zu wechseln, zusammen mit den Preisen zuletzt deutlich gestiegen: Sechs von zehn Österreicher:innen, die bei einem Landesenergieversorger sind, wollen bei attraktiven Angeboten zu einem Alternativanbieter wechseln.
Reaktion
In einem E-Mail an durchblicker schreibt Wien Energie in Reaktion am 28. August 2023: „Die 190 Frei-Energietage sind nichts anderes als ein prozentueller Rabatt, den die Kund*innen für ein Jahr fix erhalten. Der Verbrauchspreis liegt dadurch für 365 Tage bei 15,9 Cent netto pro Kilowattstunde. Auch die E-Control hat bestätigt, dass das ein sehr guter Preis ist - übrigens der aktuell günstigste aller Landesenergieversorger. Nach Ablauf des Jahres erfolgt die im Tarifblatt festgeschriebene jährliche Preisanpassung, die vom ÖSPI abhängt. Sinken die Marktpreise bis nächstes Jahr weiter, sinken auch die Preise für unsere Kund*innen.“durchblicker betont, dass der angebotene Neutarif der Wien Energie – wie in der Tabelle oben ersichtlich – inklusive der gewährten Rabatte durchaus kompetitiv ist. Die gewählte Preisdarstellung bei den Neutarifen ist für viele Konsumentinnen und Konsumenten jedoch undurchsichtig. Wenn man die gewährten Rabatte und die aktuelle Strompreisbremse unberücksichtigt lässt, erscheint der Neutarif der Wien Energie mit mehr als 33 Cent/kWh unter den gegebenen Marktbedingungen auch im Österreich-Vergleich weiterhin äußerst hoch. Das hat auch die E-Control zuletzt mehrfach kritisiert.
Den von Wien Energie ins Treffen geführten Tarifmechanismus, der nach Ablauf der 12-monatigen Bindungsfrist eine „Wertsicherung“ des Neutarifs entsprechend dem österreichischen Strompreisindex (ÖSPI) und dem österreichischen Verbraucherpreisindex (VPI) vorsieht, hat durchblicker in seiner Bewertung bereits berücksichtigt. Ob diese „Wertsicherung“ in einem Jahr zu einer Erhöhung oder Senkung des Tarifs führt, kann aus heutiger Sicht nicht eindeutig beantwortet werden. Selbst im Falle, dass die Entwicklung des ÖSPI eine Senkung des Tarifs bewirkt, wird es für die Kundinnen und Kunden aufgrund des äußert hohen Ausgangspreises jedenfalls ratsam sein, nach Ablauf der Mindestvertragsdauer einen Wechsel zu prüfen.
Über durchblicker
durchblicker ist das größte unabhängige Online-Tarifvergleichsportal Österreichs. 29 Tarifvergleiche für Strom & Gas, Versicherungen, Handy & Internet sowie Kredit, Girokonto und Sparzinsen schaffen einen schnellen Marktüberblick.Konsument:innen können über durchblicker Angebote individuell vergleichen und Verträge direkt online abschließen. Durch den einfachen und schnellen Wechsel zu einem günstigeren Anbieter lassen sich mehrere hundert Euro bei den Fixkosten sparen. Dazu bietet durchblicker eine kostenlose Expertenberatung und unterstützt, wenn es darum geht, die richtige Entscheidung bei den Fixkosten zu treffen.
durchblicker ist Mitglied der Netrisk Gruppe, einem Verbund europäischer Vergleichsportale. Aktuell beschäftigt der österreichische Marktführer unter den Tarifvergleichsportalen mit Sitz in Wien mehr als 85 Mitarbeiter:innen. Partner von durchblicker sind Global 2000, klimaaktiv, topprodukte.at und die Österreichische Fußball-Bundesliga. Weitere Informationen unter www.durchblicker.at.